Hier sind zwanzig Musikalben die im Jahr 2022 erschienen sind und mir besonders gut gefallen haben.
Tangerine Dream – Raum
Raum ist für mich ein perfektes Album mit elektronischer Musik die verträumt und leicht melancholisch ist. Alles klingt leicht und sphärisch. Die Arrangements sind immer in langsamer Bewegung und Veränderung. Der Track You’re Always On Time ist mit seinem einfachen aber wunderschönen melodischen Motiv mein Favorit.
Alt-J – The Dream
The Dream ist ein verspieltes Indie-Album. Was sofort auffällt, ist der weiche, seidige Klang des Albums, der trotzdem druckvoll und transparent ist. Dieses Kunststück alleine hat aus meiner Sicht schon einen Preis verdient. The Actor fängt das Gefühl eines völlig außer Kontrolle geratenen Lebens auf perfekte Weise ein und ist für mich der beste Song des Albums.
JB Dunckel – Carbon
Carbon beginnt mit zwei Tracks voller Drive und positiver Energie (Spark und Corporate Sunset), wechselt dann zu ruhigen und verträumten Tracks. Die meisten Tracks sind instrumental, aber Space, Zombie Park und Sex UFO haben Vocals und erinnern auf gute Weise an frühere Werke aus Dunckels Zeit als Mitglied von AIR. Einziger Kritikpunkt am Album ist die knappe Laufzeit mit nur 37 Minuten die wie im Flug vergeht.
Dominik Eulberg – Avichrom
Avichrom ist ein Elektro- oder Techno-Album mit klassischen 4-to-the-floor Beats. Für den Club sind die Tracks wohl eher zu ruhig und entspannt. Ich habe 2022 viele Stunden lang zu dieser Musik programmiert. Entspannte elektronische Musik mit etwas Drive hilft mir, mich zu fokussieren. Das Album hat es aber verdient aufmerksam und ohne Ablenkung gehört zu werden. Purpurreiher ist ein Track mit besonders gelungenen Beats und hypnotisierendem melodischen Motiv.
Get Well Soon – Amen
Mit Amen hat Konstantin Gropper ein verhältnismäßig poppiges Album veröffentlicht. Eine Computerstimme („You’re doing great. Don’t give up!“) führt wie in einer Art Selbsthilfekurs durch die vorsichtig optimistischen Tracks, die unter anderem Erfahrungen aus der Corona-Pandemie behandeln. Dabei wirkt das alles sehr ehrlich, authentisch und einfach ganz wunderbar menschlich.
Christian Gerhaher, Kammerorchester Basel, Heinz Holliger – Schoeck: Elegie, Op. 36
Schon in den ersten paar Takten des Albums wird klar, dass die Lieder, die Othmar Schoeck 1922 komponiert hat, ganz außergewöhnlich sind. Texte aus der Romantik treffen auf fremdartige, in die Moderne weisende Harmonien. Der Bariton Christian Gerhaher ist dabei die ideale Besetzung. Er schafft es, die Lieder mit der richtigen Menge an Wehmut und Schmerz zum Leben zu erwecken.
Moderat – More Data
Ein neues Album von Moderat, damit hätte ich acht Jahre nach der Veröffentlichung des dritten Albums der ursprünglichen Trilogie gar nicht mehr gerechnet. Der erste Track Fast Land führt direkt zurück in die Klangwelt von Moderat mit diesem leicht hymnischen Klang und herrlich tief schiebenden Bässen. Die Musik ist wie ein warmer Sommerabend in einer Großstadt, offen, energiegeladen, voller Potential und Möglichkeiten, nach man einfach nur greifen müsste.
Popp – Blizz
Blizz ist ein Album des Schlagzeugers und Produzent Simon Popp. Die Musik ist eine Mischung aus Ambient, Instrumental und Elektronik. Perkussive und metallische Klänge ziehen sich durch das Album. Manche Klänge erinnern mich dabei an Tempel-Gongs, Glocken oder Gamelanmusik. Dabei ist jeder Track spannend und abwechslungsreich. Zum nebenher Hören ebenso geeignet wie zum konzentrierten Hören auf dem Sofa. Ein echter Glücksfund für mich.
Röyksopp – Profound Mysteries
Wenn es um poppige elektronische Musik geht ist Röyksopp einer der ganz großen Namen. 2022 gab es mit Profound Mysteries I-III gleich drei Alben mit einer Mischung aus treibenden energetischen Beats und getragenen Tracks mit Vocals von verschiedenen Gastsängerinnen. Dabei sind Tracks wie If You Want Me beinahe etwas zu pathetisch für meinen Geschmack. Das herrlich schwerelose Breathe macht das aber wieder gut.
Sophia Blenda – Die neue Heiterkeit
Ein Indie-Album mit poetischen Texten in Deutsch und Englisch. Der Sound und die Melodien sind dunkel und melancholisch mit Klavier, Streichern und Beats. Der Gesang ist intim und geheimnisvoll bis abgeklärt. Ein Klangkunstwerk, das man immer wieder erkunden möchte, in das man sich aber auch einfach versenken kann.
Sarah Davachi – Two Sisters
Mein Lieblings-Ambient-Album aus 2022. Minimalistisch und geheimnisvoll. Es klingt mal wie eine Klanglandschaft und mal wie bis auf den Kern reduzierte Kammermusik. Alte Orgeln spielen lang gehaltene Akkorde voller Schwebungen. Das ganze Album wirkt wie ein geheimer sakraler Ritus, dem man als Außenstehender staunend beiwohnt. Empfehlung: Man hört das ganze auf leiser Lautstärke, während man ein Buch liest, was ich dieses Jahr oft getan habe.
Quinn Christopherson – Write Your Name In Pink
Das Debütalbum von Quinn Christopherson bringt zwölf perfekt produzierte Pop-Rock Tracks. Die Texte sind sehr persönlich und authentisch. Der Sound ist druckvoll und warm. Höhepunkte für mich sind Bubblegum und Erase Me. Ein fesselndes und wunderschönes Album.
Tom Odell – Best Day Of My Life
Auch nachdem ich dieses Album nun schon oft gehört habe, nimmt mich der Titeltrack Best Day Of My Life noch immer sofort gefangen. Der zerbrechlich wirkende Gesang und die am Rand zwischen Melancholie und Optimismus verlaufende Melodie gehen mir einfach unter die Haut. Ein kurzes Album, das glücklich macht.
Marina Baranova – White Letters
Ein zauberhaftes Album mit Klaviermusik. Sechzehn kurze Stücke, darunter viele Eigenkompositionen, verbreiten eine fast märchenhafte Stimmung. Dabei glänzt Marina Baranova mit großer Virtuosität, wann immer es der Musik dienlich ist. Besonders angetan bin ich von dem herrlich verspielten Kolyada. Ein Album ohne Bedenken in Dauerschleife laufen könnte.
µ-Ziq – Hello
Ein Album voller herrlich chaotischer Energie. Jungle-Beats treffen auf Trance-Synth-Flächen und wilde Arpeggios. Eine Prise Aphex Twin der 90er Jahre scheint beigemischt, über allem liegt ein angenehmer Hauch von Nostalgie. Tracks wie Pentagonal Antiprism sind auf wunderbare Weise sperrig und untanzbar. Eine zugängliche und beruhigende Elektro-Chaos-Musik.
Plaid – Feorm Falorx
Plaid sind zurück mit einem leicht und verspielt klingenden Album. Tracks wie Wondergan und Bowl klingen Musik für Computerspiele. C.A. klingt getrieben und wehmütig. Return to Return pflegt den für Plaid so typischen, überbordend verspielten Stil. Dazu fast immer komplexe Beats und Percussion. Vielleicht fehlt es dem Album ein wenig an Konsistenz, die Tracks sind sehr unterschiedlich in Stimmung und Charakter. Es wird auf jeden Fall nie langweilig. Bonuspunkte für das beste Cover in 2022.
Years & Years – Night Call
Bei all meiner Liebe für Melancholie, manchmal brauche ich eine Pause davon. Night Call ist mein Sommer-Hit-Album, auch wenn es bereits im Januar erschienen ist. Auf Olly Alexander wurde ich erst durch die Netflix-Doku Growing Up Gay aufmerksam. Night Call ist sehr glatt und perfekt produziert. Ein hoch energetischer Pop-Track reiht sich an den anderen. Ein Album, zu dem man sich bewegen möchte, was ich in meinem Wohnzimmer evtl. auch ab und an getan habe.
Evgueni Galperine – Theory Of Becoming
Unheimliche und archaische Klänge erwarten uns auf diesem spannenden Album. Etwas Bedrohliches scheint da in Gang zu kommen, es ist aber kaum möglich, sich abzuwenden. Eine surreale Klanglandschaft, die erkundet werden will.
Jóhann Jóhannsson – Drone Mass
Das American Contemporary Music Ensemble und das Vokalensemble Theatre of Voices liefern unter Paul Hillier eine spektakuläre Aufnahme des Werkes Drone Mass von Jóhann Jóhannsson. Die Komposition ist fremdartig, sakral und elegisch. Mit dem Segment To Fold & Remain Dormant erscheint aber auch eine hoffnungsvolle und tröstliche Stimmung. Der Klang des Albums ist übrigens ebenso exzellent.
Stefan Smith – Thlostones
Ein elektronisches Album voll mit warmen und druckvollen Sounds. Der erste Track Made In Japan kann stilistisch mit Synthwave und Downtempo beschrieben werden. Among The Voices Voiceless klingt eher nach Techno. Minimalistische aber sehr gut gemachte elektronische Musik.